Vielseitigkeit der Lehre
Editorial im Fischotter 02/2017
Für Lehrbetriebe, insbesondere in handwerklichen Branchen, ist es nicht leicht, Lernende zu finden. Dass zurzeit trotzdem fünf unserer sechs Lehrstellen besetzt sind, erfüllt uns mit Freude.
Der Weg via Gymnasium zu einer Hochschule liegt weiterhin stark im Trend, hier ist auch das rechte Zürichseeufer keine Ausnahme. Eine Berufslehre im handwerklichen Bereich steht leider bei den meisten Schulabgängern nicht zuoberst auf der Berufswunschliste.
Viele assoziieren mit handwerklichen Berufen schmutzige Hände und körperliche Anstrengung. Von der Vielseitigkeit dieser Ausbildungen ahnen sie wenig. Eine Lehre zum Landschaftsgärtner beispielsweise vermittelt ein immenses Wissen über Pflanzen, schult den fachmännischen Umgang mit Maschinen und Geräten aller Art, fördert den Teamgeist, ermöglicht intensiven Kundenkontakt und verlangt individuelle Kreativität wie kaum ein anderer Beruf.
Hinzu kommen unterschiedlichste Weiterbildungsmöglichkeiten, bei denen auch kaufmännische Fächer unterrichtet werden. Bei anderen Handwerksberufen ist das Spektrum ähnlich breit. Und selbstverständlich versperrt eine Lehre auch nicht den Weg zu einer Hochschule. Auch von unseren Lernenden absolviert einer parallel zur Lehre die Berufsmatura (BMS).
Ich würde mir wünschen, dass sich die Jugendlichen mehr Zeit zum Schnuppern nähmen. In nur einem Tag ist es schlichtweg nicht möglich, die Vielfalt und Tiefe eines Berufs zu erfassen. Ebenso wichtig scheint mir, dass sie sich nicht halbherzig für eine Lehre entscheiden, sondern voll zu ihrer Entscheidung stehen können. Freude am Beruf ist die wahrscheinlich wichtigste Voraussetzung für eine erfolgreiche Berufslehre. So sieht man den Sinn seiner Arbeit und kann eine Leidenschaft dafür entwickeln.
Eine wichtige Rolle spielt aber sicher auch der Umgang des Lehrbetriebs mit den Jugendlichen. Während der Lehrzeit entwickeln sich die Jugendlichen stark, sowohl psychisch als auch körperlich. Darauf gilt es individuell einzugehen und die Anforderungen entsprechend anzupassen.
Neben dieser Rücksicht auf die körperlichen Voraussetzungen unserer Lernenden ist uns eine intensive Kommunikation wichtig. Diese findet nicht nur bei den halbjährlichen Standortbestimmungsgesprächen statt, sondern ist Teil unseres Arbeitsalltags. Auch die Eltern werden in diesen Austausch miteinbezogen. Ich bin überzeugt, dass die Berufslehre mit ihrem riesigen Potenzial zur Vertiefung und Weiterbildung ein spannender Weg ins Berufsleben ist. Deshalb freuen wir uns, wenn sich Jugendliche und ihre Eltern wieder intensiver mit dieser Möglichkeit befassen und das Schnupperangebot der Ausbildungsbetriebe in Anspruch nehmen.
René Schärer, Geschäftsführer Gartenpflege und Mitinhaber Käser Gartenbau AG
* Das Editorial im Fischotter wird abwechselnd von Mitgliedern des Gewerbevereins Männedorf, Gemeindevertretern oder Bewohnern aus Männedorf geschrieben.